4.0 Blind im Web

Web

Was ist eigentlich das Web? Zunächst einmal ist Web die Kurzform für World Wide Web. Das Web wurde 1989 von Tim Berners-Lee erfunden und hatte ursprünglich den Zweck, Forschungsergebnisse am Institut CERN über das Internet austauschbar zu machen. Die bei CERN zu diesem Zeitpunkt über das Web ausgetauschten Informationen, sind in der Regel Textdokumente und Dateien, welche über Hyperlinks [Verweis auf eine Datei] verknüpft sind. Das von Informationen erhebt den Text zum Hypertext ( HTML [Hyper Text Markup Language]) und ist Namensgeber für das World Wide Web.

World Wide Web = Internet

Vereinfacht gesagt bezeichnet das Web die Kommunikation zwischen einem User (Nutzer/Client) und einem Webserver. Letzterer hat seine Namensgebung aus dem Englischen to serve, was auf Deutsch bedienen heißt. Genau das ist es, was ein Webserver tut. Er stellt auf ihm gespeicherte Daten zur Verfügung und ist über eine IP-Adresse [Internetprotokoll-Adresse, in etwa vergleichbar mit einer Festnetznummer in der Telefonie] erreichbar. Der Nutzer kann also über das Internet mit einem Webserver kommunizieren, also Daten hoch- und herunterladen.

Die Möglichkeiten im Web und damit auch die Inhalte von Webanwendungen sind so vielseitig, wie man es sich nur vorstellen kann. Grenzen gibt es kaum und seit der Erfindung des Internet of things [Internet der Dinge] (IOT) scheint es auch keine Bereiche mehr zu geben, in die das Web nicht vordringen könnte.

Die Bandbreite des Web reicht von der Ausgabe von Textdokumenten auf einer simplen Webseite über vielschichtige und umfangreiche Websites bis hin zu komplexen Webapplikationen wie [Google Docs: Software zur Textverarbeitung, Google, docs.google.com], [SketchUp: 3D-Modellierungssoftware, Trimble, app.sketchup.com] und dem Smart Bluetooth Connected Toaster von Griffin, der sich über eine App steuern lässt.

Begriffserklärungen

  1. Web World Wide Web

  2. Webseite Einzelnes Dokument, welches in einem webspezifischen Format [.html, .php, etc.] vorliegt (Seite, engl.: web page).

  3. Website Sammlung von Webseiten, die über eine Adresse erreichbar ist.

  4. Webapplikation Anwendungsprogramm, das auf einem Webserver ausgeführt und in einem Browser ausgegeben wird (Webanwendungen, engl.: web application). Auch: Web-2.0-Anwendung.

  5. Browser Software zum Verwalten, Finden u. Ansehen von Dateien (bes. von Websites im Internet).

Über einen Browser kann der Nutzer unabhängig vom Betriebssystem seines Endgerätes die vom Server gelieferten Dateien (Webseite oder Website) anzeigen und interpretieren lassen. Dabei sind die gelieferten Daten in ihrer Darstellungsweise manipulierbar, das heißt, dass mit entsprechendem Fachwissen oder Tools Änderungen am Design vorgenommen werden können. Eine Webseite kann beispielsweise über einen Filter in Graustufen oder ihr Inhalt (Text) losgelöst vom Design angezeigt werden. Diese Manipulationen sind in unterschiedlichem Umfang in den einzelnen Browsern integriert. Apple Safari beinhaltet beispielsweise den Safari Reader, welcher Werbung und Navigationsleisten entfernt und dem Nutzer mehr Kontrolle über Typografie und Farben verschafft.

Darüberhinaus können Inhalte einer Website/Webapplikation dynamisch verändert werden, das heißt, dass auch nach dem ersten Abruf von Daten von einem Webserver noch zusätzliche Daten geladen werden können. Diese Technologie ermöglicht es beispielsweise Chats und Karten zur Navigation in Echtzeit anzubieten -- ohne, dass der Nutzer die Seite aktualisieren muss.

Web 2.0

Häufig fällt der Begriff in der Literatur der letzten Dekade im Zusammenhang mit interaktiven, Webinhalten, daher sei er an dieser Stelle erwähnt. bezeichnet keine neue Version des Web, vielmehr handelt es sich um einen Kunstbegriff, der 4 Jahre nach dem Platzen der Dot-Com-Blase im Jahr 2000 geprägt wurde.

Eine allgemein gültige und anerkannte Definition des Begriffs liegt nicht vor, vielmehr handelt es sich um den Versuch, die Entwicklung von komplexen Webanwendungen nach 2000 in einem Begriff zusammenzufassen.

Der womöglich wichtigste Aspekt des Web 2.0 ist die Erfindung von Programmierschnittstellen (API [Application programming interface]) innerhalb einer Webanwendung, über die Drittanbieter nach jeweils definierten Regeln Daten abrufen und hinzufügen können. Diese Möglichkeit zur Integration einer Webapplikation in eine andere, sorgt für ein rasches Wachstum und eine schnelle Verbreitung einzelner Anwendungen im Web. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist - und so zu einem weltweiten Standard geworden ist.

Begründer des Web Tim Berners-Lee sagte über das Web 2.0:

"[...] Web 1.0 was all about connecting people. It was an interactive space, and I think Web 2.0 is of course a piece of jargon, nobody even knows what it means. If Web 2.0 for you is blogs and wikis, then that is people to people. But that was what the Web was supposed to be all along. And in fact, you know, this 'Web 2.0,' it means using the standards which have been produced by all these people working on Web 1.0." Bezugnehmend auf diese Aussage werde ich in dieser Thesis von dem Begriff Web 2.0 Abstand nehmen, obwohl er in der Literatur der letzten Jahre häufig Verwendung findet.

Nutzungsverhalten von Blinden im Web

Menschen mit Behinderungen verwenden das Internet häufiger als Menschen ohne Behinderung. In der bislang umfangreichsten Studie zu Barrierefreiheit im Web [Web 2.0 barrierefrei, herausgegeben von Aktion Mensch in 2011], wurden 671 Teilnehmer befragt, darunter 124 Blinde.

Die Befragten gaben an, das Internet hauptsächlich zur Informationsbeschaffung zu verwenden. Konkret geht es dabei um die Suche nach allgemeinen Informationen (92%, vordergründig in Wikis), Informationen zu Hobbys der Befragten (82%), weiterführenden Informationen zur eigenen Behinderung (63%) und der beruflichen Nutzung (61%).

Gegenüber der schwer zugänglichen Literatur, bietet das Internet Blinden eine Welt voller Möglichkeiten:

Wikis, die laufend aktualisiert werden, ersetzen die häufig veralteten Inhalte aus Lexika und Enzyklopädien, Nachrichtenportale veröffentlichen stets aktuelle Geschehnisse in Artikeln und Blogger erzählen ihre Geschichten und Erlebnisse auf Blogs und in den sozialen Netzwerken.

Doch besonders im Internet stellt sich die Frage nach der Authentizität der Inhalte. Fehlende Quellen- und Zeitangaben, veraltete Links, aus dem Kontext gerissene Aussagen und falsche Informationen erschweren es nicht nur blinden Nutzern, zwischen richtig und falsch, gut und gut gemeint und aktuell und veraltet zu unterscheiden. Die Anonymität des Internets wird zum Problem, wenn es darum geht, verlässliche Informationen zu sammeln.

Barrierefreiheit im Web

Barrierefreiheit im Web wird als Accessibility (A11Y) bezeichnet. Während der Begriff Barrierefreiheit im deutschen Sprachraum das Reduzieren von bestehenden Barrieren, also ihren Abbau fokussiert, zielt A11Y auf die Erhöhung der Zugänglichkeit ab.

Eine Barriere im Web ist also eine Einschränkung in der Bedienbarkeit der Anwendung. Neben der im Fachjargon als Usability bezeichneten Bedienbarkeit, sind vor allem bestimmte Dateiformate und Anwendungen wie Flash und ActiveX problematisch, da für ihre Ausführung zusätzliche -- vom Nutzer lokal zu installierende -- Software notwendig ist (Beispiel: das SWF-Dateiformat ist nur über den Adobe Flash Player zugänglich). Neben diesen teilweise aus der Welt geschafften Problemen [Adobe Flash wird voraussichtlich 2020 eingestellt], entstünden heute ganz andere.

Besonders hervorzuheben ist der Innovationszyklus der Anwendersoftware (Browser), welcher Gestalter und Entwickler immer wieder vor entsprechende Hindernisse stellt. Gemeint ist damit, dass die technologische Entwicklung schneller voranschreitet, als der Endverbraucher seine Software aktualisiert. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Entwickler nicht mit aktuellen Techniken arbeiten können, wenn sie sicherstellen wollen, dass Funktionen und Design der Webseite für alle Nutzer identisch sein sollen. Man spricht von Browserkompatibilität.

Was der Nutzer letztlich erlebt, kann sich je nach Konfiguration und Zusammenstellung von Browser, Betriebssystem und assistiven Technologien (Screenreader, u.ä.) stark von dem unterscheiden, was der Entwickler für seine Anwendung vorgesehen hat, selbst wenn die Software mit entsprechenden Fallbacks [Alternative Lösung(en) für einen webspezifischen Anwendungsfall] ausgestattet ist.

Jede mögliche Kombination der genannten Faktoren (inklusive aller theoretisch nutzbaren und verfügbaren Software-Versionen) zu testen, ist für einen Entwickler schlicht nicht möglich. Vielmehr kann nach utilitaristischen Prinzipien getestet werden, so lange dies in das Budget und die Projektplanung mit eingeschlossen ist. Der Ausschluss einzelner wird dabei akzeptiert, so lange die größtmögliche Menge von dem Ergebnis profitiert.

Eine Barriere im Web ist also nicht zwingend eine nicht beschriftete Grafik oder ein zu geringes Kontrastverhältnis zwischen Vorder- und Hintergrund (Aspekte des visuellen Designs oder der Usability). Ebenso muss der einzelne Nutzer -- und die von ihm eingesetzten Technologien mit einbezogen werden.

Arten von Barrieren im Web-Kontext

Nach Vieritz lassen sich Barrieren in Webanwendungen grundsätzlich in vier Kategorien einteilen. Relevant für Entwickler sind besonders die technisch-funktionalen Barrieren, welche sich konkret auf die technische Umsetzung von Webanwendungen und damit auf den verwendeten Code beziehen. Redaktionelle und inhaltliche Barrieren beziehen sich demnach auf Autoren, Redakteure und Texter, die bei der Planung und Konzeption von Inhalten im Web für Verständlichkeit und Korrektheit von Informationen sorge tragen. Zur dritten Kategorie zählen sämtliche aus dem Layout, der Gestaltung und dem Design entspringenden Barrieren. Vieritz nennt diese Designbarrieren und bezieht sich dabei konkret auf das User-Interface [Benutzerschnittstelle] und grafische Elemente. Als letzte Kategorie nennt Vieritz organisatorische Barrieren, die ihren Ursprung in der Planung und dem Kontext finden. Damit schließt Vieritz auch Budgetplanung und Zielgruppenspezifische Planung [Ein Webprojekt, dass sich beispielsweise ausschließlich an sehende Menschen richtet, da für die Wahrnehmung komplexer Sachverhalte eine entsprechend hohe visuelle Sehkraft erforderlich ist, weist eine organisatorische Barriere auf, die nicht ausgeglichen werden kann.] mit ein.

Barrieren im Web sind in Abhängigkeit zum Anwendungsfall und zum Anwender differenziert zu betrachten.

Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Barrierefreiheit im Internet

Behörden in Deutschland sind durch das BGG dazu verpflichtet, ihre Webangebote (inkl. Apps) barrierefrei zu gestalten. Grundlage für die Bewertung der Barrierefreiheit eines solchen Webauftritts ist die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0). In der BITV sind konkrete Maßnahmen genannt, wie Inhalte im Web barrierefrei darzustellen sind. Inhalte der BITV sind unter anderem Nicht-Text-Inhalte, Audio- und Video-Dateien, Farbe und Kontrast und Tastaturbedienbarkeit.

Im Folgenden ein Auszug der Bestimmung zu Nicht-Text-Inhalten:

(Anforderung 1.1 der Anlage 1 zu § 3 Absatz 1, BITV, Stand: 22.06.2018).

Die BITV orientiert sich inhaltlich an den vom W3C [World Wide Web Consortium. Weiterführende Informationen unter: https://bit.ly/2MMpDSJ] herausgegebenen Richtlinien und ist wie das BGG nicht für privatwirtschaftliche Unternehmen geltend.

Ob die durch die BITV verordneten Maßnahmen eine Steigerung der Nutzerfreundlichkeit und dem Nutzererlebnis mit sich bringen, sei dahingestellt.

Interview mit einem Blinden über die Nutzung des Web

Peter Brass (63) aus Saarlouis ist Lehrer und Oberstudienrat an der Johann-August-Zeune-Schule in Berlin, einer Schule für Blinde. Er selbst ist von Geburt an blind und kann auch kein Licht wahrnehmen.

An der Blindenschule lernen Kinder schon ab der 5. Klasse den Umgang mit Computern und dem Web -- deutlich früher als an Schulen für Sehende. So sollen die Schüler besonders auf den verantwortlichen und bewussten Umgang mit dem Internet hingewiesen werden, sagt Brass.

Brass reist gerne und weit, es zieht ihn immer wieder nach Nordamerika und Südostasien. In seiner freien Zeit liest er Brailleschrift, hört Musik, plant das Betreiben einer Amateurfunkstation für den bevorstehenden Ruhestand, hält sich mit Joggen fit und steigt sogar als Passagier in Segelflieger.

Das Internet nutzt Brass für Wikis, Onlineshopping auf Amazon und Nachrichtenportale wie Spiegel Online. Onlinebanking und erweiterte Suchen über Google gehören ebenso zu den täglich genutzten Diensten.

Auf die Frage, ob er und andere Blinde häufig neue Webangebote suchen oder sich auf bekannte beschränken, sagt Brass, Blinde ließen sich in der Regel als treue Besucher von Websites bezeichnen. Findet ein Blinder Nutzer eine Website, mit der er gut zurecht kommt, kehrt er gerne zurück. Das Internet nehme zudem für Blinde einen zunehmend höheren Stellenwert als Quelle von Information und als ein.

In den letzten Jahren habe sich viel getan und so hinke die Barrierefreiheit im Web nicht weit hinter der allgemeinen, gesellschaftlichen Barrierefreiheit hinterher. Die wachsende Affinität zu Computern und Smartphones, welche vor allem bei jüngeren Generationen zu beobachten sei, steigere die Möglichkeiten zur Gestaltung des Alltags und stelle so für Blinde einen weiteren wichtigen Schritt zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dar.

Interview vom 13.06.2018

Hilfsmittel

Um sich als Blinder im Web zurechtzufinden, gibt es eine Reihe an assistierenden Technologien. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass Blinde keine auf Pixeln basierende Technologie einsetzen können. Somit ist die Nutzung eines Cursors und damit einer Maus nicht möglich oder zumindest stark erschwert. Die Steuerung eines Computers und die Navigation innerhalb von Webinhalten erfolgt daher in der Regel über die Tastatur.

Screenreader

Das gängigste und derzeit effektivste Hilfsmittel für Blinde ist der Screenreader. Ein Screenreader ist ein Programm, welches digitalen Text in Sprache umwandelt. Einzelne Elemente auf einer Webseite, können beispielsweise über die Tastatur angesteuert werden. Das so fokussierte Objekt wird dann vom Screenreader vorgelesen. Der Screenreader versucht außerdem Auskunft darüber zu geben, um was für ein Objekt es sich handelt (Text, Bild, Formularfeld, etc.).

Braillezeile

In Ergänzung zum Screenreader kann Text auf einer Braillezeile (auch Braille-Display) ausgegeben werden. Eine Braillezeile ist eine kostspielige Hardware, die über USB oder Bluetooth mit dem Endgerät verbunden und unterhalb der Tastatur angebracht wird. Je nach Größe können auf ihr bis zu 80 (Schriftzeichen) [Brailliant von Reinecker. Verfügbar unter https://bit.ly/2IDEDyZ, Abgerufen am 30.06.2018] dargestellt werden. Die Braillezeile wird zur Überprüfung der Rechtschreibung verwendet. Über zusätzliche Tasten, kann der Nutzer bestimmte Bereiche innerhalb des Endgeräts ansteuern. Mit dem HumanWare Brailliant BI 32 Braille Display, lässt sich beispielsweise ein iPhone bedienen [Weiterführende Informationen zu HumanWare Braille Display unter https://apple.co/2tOR5q9].

Online-Befragung zum Nutzungsverhalten im Web durch Blinde

Um herauszufinden, mit welchen Technologien Blinde das Internet nutzen, und vor welchen Problemen sie bei der Bedienung von Webinhalten stehen, ist im Rahmen dieser Arbeit eine anonyme Online-Befragung unter dem Titel durchgeführt worden. Teilgenommen haben insgesamt 58 Personen. Die Umfrage wurde mit Google Forms realisiert, später durch eine reine HTML-Version ergänzt, da einige Nutzer (29.3%) mit der Bedienung des Formulars über Google Forms Schwierigkeiten hatten, die dazu führten, dass sie die Umfrage nicht oder nur zu Teilen ausfüllen oder absenden konnten.

Angaben zu Hardware beziehen sich auf die Nutzung, nicht auf den Besitz.

Die Einteilung der Altersgruppen ist, bedingt durch den technologischen Wandel und Fortschritt, in 4 Gruppen erfolgt. Die Altersgrenzen zwischen den nachfolgend inhaltlich definierten Gruppen sind als fließend zu betrachten und lediglich als Orientierung zu verstehen.

  1. Unter 18 Jahre (3.4%) Für diese Generation sind Internet, Web und Smartphones selbstverständlich. Es fällt ihnen teilweise schwer sich vorzustellen, wie ein Telefon mit Wählscheibe funktioniert, oder wie die Zeit gewesen sein soll, als es das Internet noch nicht gab. Der Umgang mit dem allgegenwärtigen Web und den unabdingbaren Computern im Allgemeinen fällt dieser Generation sehr leicht.

  2. 18 bis 30 Jahre (20.7%) Diese Generation hat die Integration von Computern in den Alltag und die globale Vernetzung des Web 2.0 miterlebt. Neue Geräte und Innovationen wurden stets begierig aufgenommen und als fester Bestandteil in das Leben integriert. Der Umgang mit diesen Technologien ist daher für diese Generation leicht - sofern entsprechendes Interesse vorhanden war/ist.

  3. 30 bis 67 Jahre (69%) Die dritte Gruppe hat die Entwicklung der ersten Computer bis hin zum Smartphone in mitverfolgen können und an ihrer Entstehung maßgeblich mitgewirkt. Das Interesse für diese technischen Produkte (inkl. Web) ist vorhanden, das Fachwissen im Umgang mit selbigen jedoch begrenzt. Die Nutzung ist häufig eingeschränkter und langsamer als die der 18 bis 30-Jährigen.

  4. Über 67 (6.9%) Die letzte Gruppe zählt zu den nicht-affinen Gruppen. Grafische Benutzeroberflächen haben sich erst in den 1990er Jahren etabliert, daher ist es für diese Gruppe entsprechend schwieriger, die neuen Technologien zu verstehen. Auch die Lernbereitschaft und damit die Geschwindigkeit ist geringer, da sie den Umgang mit diesen Technologien erst lernen müssen. Zudem besteht eine Notwendigkeit oder der Wunsch, Computer oder das Internet in ihr Leben zu integrieren, in vielen Fällen nicht.

Die Ergebnisse der Umfrage sind im folgenden thematisch geclustert:

  1. Technische Voraussetzungen
  2. Nutzung und Verhalten
  3. Komplikationen

Ergebnisse der Umfrage

Technische Voraussetzungen

Um das Nutzungsverhalten von Blinden im Web beurteilen zu können, muss zunächst geklärt werden, mit welchen Geräten das Web genutzt wird. Neben Laptop (72.4%) und Stand PC (69%), gab die Mehrheit der Befragten an, ein Smartphone zu nutzen (87.9%). Während 91.4% das Betriebssystem auf Laptops oder Stand PCs nutzen ( 20.7%, 5.2%), ist auffallend, dass Apples als mobiles Betriebssystem mit 70.7% die absolute Mehrheit abbildet ( 20.7%, 3.4%). Da nur 6.9% ein Tablet nutzen, lässt sich schlussfolgern, dass das mit etwa 62% das beliebteste mobile Gerät ist. Dadurch bedingt kommt es beim Vergleich der eingesetzten Browser zu einem Gleichstand zwischen [Auch] (63.8%) und [Desktop und mobil] (65.5%). Es folgen (51.7%) und (34.5%).

Apple und Microsoft konkurrieren also stark miteinander und während sich Microsoft mit und klar auf Computersystemen durchsetzen kann, ist Apples das favorisierte mobile Betriebssystem. demnach der beliebteste mobile Browser.

Das bedeutet, dass die Befragten größtenteils die bereits auf den Systemen vorinstallierten Standardbrowser verwenden, was in diesem Fall nicht damit zusammenhängt, dass die gewählte Software überdurchschnittlich barrierefrei wäre.

Interessant ist vor allem, dass das Verhältnis von zu , im Vergleich zu anderen Statistiken über die Marktanteile der mobilen Betriebssysteme, umgekehrt ist.

Nutzung und Verhalten

87.9% der Befragten gaben an, das Internet täglich bis mehrmals täglich zu nutzen. Das ist mehr, als eine Erhebung der IfD Allensbach über das allgemeine Nutzungsverhalten von deutschsprachigen Internetnutzern im Jahr 2017 ergab.

Dabei wird das Internet größtenteils zur Informationsbeschaffung (94.8%) und um Nachrichten zu verfolgen (84.5%) genutzt. Auch Unterhaltungsplattformen (60.3%) und Soziale Medien (55.2%) werden stark beansprucht.

Von den blinden Nutzern als soziale Plattform bevorzugt wird Facebook (63.2%), gefolgt von Twitter (21.2%) und Google Hangouts (7.9%). Andere Plattformen scheinen nicht bekannt oder nicht interessant genug zu sein.

Die Bedienung der genutzten Webangebote erfolgt in 91.7% über einen Screenreader und in 66.7% der Fälle unterstützend mit einer Braillezeile. Bedingt durch die Gerätenutzung fallen bei der Wahl der Screenreader-Software die Ergebnisse entsprechend deutlich aus: 74% nutzen Apples , welches auf geräten vorinstalliert ist. Interessant ist, dass auf PCs unter bevorzugt eingesetzt wird (64%). Nutzer des teuren Screenreaders hatten mit dieser Online-Befragung über Google Forms die größten Schwierigkeiten. Die kostenlose Alternative wird von den verbleibenden 36% der Windows-Nutzer eingesetzt.

Bei der Bedienung von Websites treten immer wieder Probleme auf. Bei der Beantwortung der Frage nach der Häufigkeit, mit der die Bedienung von Websites zu konkreten Abbrüchen führt, gaben 58.6% an, dass dies regelmäßig bis sehr häufig geschehe. Nur 8.6% gaben an, sehr selten bis keine Schwierigkeiten zu haben.

Schwierigkeiten haben die Befragten besonders mit Formularen (69.6%) und Werbung (69.6%). Letzteres äußert sich häufig dadurch, dass Werbung nicht vom Hauptinhalt unterschieden wird oder sich störend vor den Inhalt der Webseite legt (Popup, Overlay). Auch die Verwendung von Suchfeldern stellt Blinde vor große Schwierigkeiten (39.3%), ebenso die Navigation innerhalb einer Webseite (37.5%), die Navigation zwischen verschiedenen Websites (30.4%) und das Hochladen von Dateien (30.4%). Erwähnt seien an dieser Stelle auch Captchas und PDFs, die immer wieder Probleme verursachen.

Bei der Frage nach der Nutzung multimedialer Inhalte, gaben 69% der Probanden an, für Filme und Videos zusätzliche Tonspuren und Audiodeskription zu nutzen. Eine Mehrheit der Befragten (82.7%) gab zudem an, gesteigertes Interesse an alternativen (beschreibenden) Informationen von Fotos und Bildern zu haben. Lediglich 1.7% gaben an, dass Bilder im Web für sie keine Bedeutung haben.

Auf die Frage "Haben Sie das Bedürfnis, die Zukunft des barrierefreien Internets mitzugestalten?", antworteten 84.5% mit "Ja". Davon wüssten etwa 47% jedoch nicht, wie sie das angehen sollen. Lediglich 1.7% der Befragten gab an, kein Interesse an der Mitgestaltung des Web zu haben.

Fazit zu 'Ergebnisse der Umfrage'

Für Blinde ist das Web ein wichtiger Bestandteil des Lebens, sie nutzen es überdurchschnittlich häufig. Zu Hause nutzen sie vornehmlich PCs mit Windows und unterwegs das iPhone. Das Web erreichen sie über die auf den Geräten vorinstallierten Browser oder kostenlose und gängige Alternativen, die Nutzung erfolgt über Screenreader und unterstützend mit einer Braillezeile.

Multimediale Inhalte werden von Blinden in der Regel unter Zuhilfenahme von assistiven Technologien und (Audio-) Beschreibungen genutzt und haben einen hohen Stellenwert innerhalb des Gesamtvolumens der genutzten Online-Inhalte.

Besonders die Häufigkeiten und Quellen von auftretenden Schwierigkeiten im Umgang mit Webinhalten zeigt, dass das Web noch weit entfernt von einem barrierefreien Medium ist. Neben der fehlerhaften Programmierung und Implementierung von Formularinhalten wird vor allem Werbung als störend empfunden.

Die Bereitschaft der Zielgruppe, sich für ihre Bedürfnisse stark zu machen und aktiv an der Entwicklung des Web mitzuwirken, ist beachtlich, wenn auch der Kontakt zu Entwicklern und Gestaltern zu fehlen scheint.

"Ich wünsche mir, dass Barrierefreiheit im Internet gesetzlich vorgeschrieben wird."

Solche und ähnliche Forderungen wurden von den Teilnehmern der Befragung über die Volltext-Antworten übermittelt.

Die Betroffenen wünschen sich seitens der Gesetzgeber, der Entwickler und Gestalter mehr Interesse an ihrer Gruppe. Sie wollen sich einbringen, sind bereit Feedback zu geben, bevor neue Inhalte veröffentlicht werden. Das Festhalten und Abarbeiten der entsprechenden nationalen und internationalen Richtlinien (BITV) sei nicht genug, man müsse darauf achten, dass nicht "einfach [...] an der Barrierefreiheit vorbeientwickelt wird".

Auffällig geworden sind auch Probleme in Zusammenhang mit Technologien, die teilweise veraltet oder als überholt gelten, in älteren Websites aber nicht nachgerüstet wurden. Dazu zählen Flash-Anwendungen, Captchas und leider auch immer wieder Tabellen, die zur Layoutgestaltung missbraucht wurden. Diese und viele weitere Probleme sind bekannt und größtenteils aufgeholt - nur eben nicht in veralteten und nicht mehr aktualisierten Webinhalten.

Es lässt sich zusammenfassen, dass klare und deutliche Strukturen für die Bedienung einer Website durch Blinde äußerst wichtig sind. Dazu zählt eine hierarchische Dokumentenstruktur, Semantik und der verzicht auf Popups und Overlays, so genannten "Störern". Es reicht zudem nicht aus, nur bestimmte Teile einer Website barrierefrei zu gestalten, denn wenn durch andere nicht-barrierefreie Bereiche die Funktionalität einer Anwendung leidet, ist die gesamte Anwendung nicht barrierefrei.

Man müsse bei den werben, barrierefreie Technologien für Entwickler und Gestalter einfacher verständlich machen und die Privatwirtschaft in die Pflicht nehmen, ihre Inhalte barrierefrei zu gestalten. Der finanzielle Reiz, gezielt für Blinde zu entwickeln sei nicht ausreichend um genügendes Interesse hervorzurufen.