Prolog

Nach Hause - Kognition

Das Licht der untergehenden Abendsonne färbt die umliegenden Reisfelder kupferfarben. Ich stehe auf einer kleinen Anhöhe, an einer verlassenen Wegkreuzung. Ein sanfter Wind umstreicht angenehm kühl mein Gesicht. Ich bin irgendwo im Nirgendwo, weit weg von meiner Heimat und vollkommen orientierungslos. Angestrengt blicke ich auf das alte, verrostete Schild, welches den Wanderern als Wegweiser dient und nur einige Zentimeter von mir entfernt aus dem feuchten Boden herausragt. Mit dickem schwarzen Lack, der sich langsam vom Hintergrund löst, steht auf dem Schild folgendes geschrieben.

通往你左侧的道路将带你回家

Ich habe nur leider nicht den Hauch einer Ahnung, was das bedeuten könnte.

Eine freudige Überraschung - Motorik

Vom gestrigen Tag noch leicht benommen, schludere ich den dunklen Gang hinunter und betrete den Speisesaal. Während sich meine Augen noch an das grelle Licht gewöhnen, welches mir aus den Neonröhren an der Decke entgegen strahlt, klemme ich mir lustlos eines der bereitstehenden Tabletts unter den Arm. Die müde dreinblickende Dame hinter dem Tresen klatscht mir mit einem lauten mein Essen auf einen Teller. Etwas ungelenk balanciere ich das Tablett hinüber zum nächsten freien Tisch und lasse mich auf einen der Plastikstühle fallen.

Die Ärzte sagen, ich hätte meine anatomisch motorische Barriere ["Geht man über die [elastischen motorischen Barrieren] hinaus, stößt man an die Anatomische motorische Barriere [...], deren Überschreitung ein Trauma (Fraktur, Bänderriss, Luxation) bedeutet." (van Assche 2003, S. 8)] überschritten. So nennt man das, wenn man einen Bänderriss am Ellenbogen hat.

Jetzt trage ich einen Gips am Arm und frage mich, wie ich das vor mir liegende Schnitzel überhaupt essen soll.

Der gelbe Ball - Physik

Ein lauter Schrei, aus den Augenwinkeln kann ich erkennen, wie meine Kameraden wild gestikulierend in meine Richtung rennen. Alles kommt mir vor wie in Zeitlupe. Gerade noch rechtzeitig registriere ich die kleine aber umso effektivere Bewegung, mit der der gegnerische Spieler den Ball von seinem Fuß springen lässt und dieser in hohem Bogen in den blauen, wolkenlosen Himmel fliegt.

Ich folge dem Ball mit meinen geschulten Augen und berechne die Flugbahn, beginne meine Position im Strafraum zu verändern, als mich ein greller Schmerz dazu zwingt, die Augen zu schließen. Die Sonne, dieser kleine, fiese gelbe Ball am Firmament ist heute mein stärkster Widersacher.

Im selben Moment geht ein Aufschrei durch die Menge, Freudenrufe und Gelächter dringt an meine Ohren. Der Ball ist drin - das Spiel ist aus.

Auf dich kann ich mich verlassen - Technik

Die Uhr tickt. Aus Sekunden werden Minuten. Ausgerechnet jetzt, wo alles schnell gehen müsste. Warum kann denn nicht ein einziges Mal alles genau so sein, wie es sein soll? Wenn ich meinen Flieger verpasse war alles umsonst. Monate der Planung, unzählige Telefonate und Briefe, alles nur für diesen einen Tag. Die Erfüllung all meiner Träume, die lang ersehnte Wendung in meinem Lebensplan, der große Sprung auf der Karriereleiter. Alles was mich jetzt noch von der Reise mit dem großen Vogel trennt, der mich über den weiten Ozean in mein neues Leben bringen wird, ist mein Ticket.

Allein mein Drucker scheint mit meinem Vorhaben ganz und gar nicht einverstanden zu sein, denn er weigert sich partout das Ticket auszuspucken.